4. Saarbrücker Fremdsprachentagung

Fremdsprachenunterricht im 21. Jahrhundert:
Lerner 2.0 – Methoden 3.0 – 
Herausforderungen 4.0
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Fourth Saarbrücken Conference on Foreign Language Teaching
Foreign Language Teaching in the 21st Century:
Learners 2.0 - Methods 3.0 - Challenges 4.0

(2 – 4 November 2017)




Two keynotes + 49 talks in four sections so far. Around 100 participants from Europe, North and South America, Asia, Australia and Africa.

Deadline for abstract submission: 31 August 2017 (plus some days, so if you still want to submit an abstract, please make haste)).
Deadline for mere participation: 30 September 2017

For registration, please email to: fremdsprachentagung@googlemail.com

(Conference Chairman: Professor Thomas Tinnefeld (Saarbrücken, Germany))

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Dies ist eine im Aufbau befindliche Website, die sich mit Prüfungen im Fremdsprachenbereich beschäftigt. Es geht hier darum, auf Publikationen zu verweisen, die sich mit Prüfungen in theoretischer und praktischer Perspektive beschäftigen. Ziel dabei ist eine Verbesserung von Prüfungen und der Prüfungspraxis allgemein - nicht zuletzt zum Wohle der Prüflinge, die naturgemäß ein Interesse an effizienten, gerechten und aussagekräftigen Prüfungen haben. Denn eines darf nicht vergessen werden: Prüfungen haben mit dem ihnen unterliegenden Selektionsauftrag auch eine direkte gesellschaftliche Komponente.

Es geht hier also um die Vermehrung von Wissen über Prüfungen. Interessierte Leser sind dabei auch eingeladen, uns interessante Artikel, Informationen und anregende Fragestellungen zukommen zu lassen. Sie können dies unter der E-Mail-Adresse:

pruefungsdidaktik@googlemail.com



oder auch hier


tun.

Die Redaktion bedankt sich dafür bereits an dieser Stelle herzlich.

Fortbildungsveranstaltung „Die Prüfungsdidaktik in der mündlichen Abiturprüfung“


Am 2. Mail 2012 hielt Herr Professor Dr. Thomas Tinnefeld im Rahmen einer vom Schulamt der Stadt Frankfurt organisierten Fortbildungsveranstaltung für Gymnasiallehrer einen Vortrag zum Thema „Die Prüfungsdidaktik im mündlichen Abitur“. Die teilnehmenden Lehrerinnen und -lehrer – die zahlreiche, langjährig im Schuldienst tätige Pädagogen einschloss, von denen viele ihrerseits Leitungsfunktionen wie Studienleiter oder Fachbereichsleiter ausübten - vertraten dabei nahezu sämtliche, auf Oberstufen-Niveau unterichteten Fächer.

Herrn Professor Tinnefelds Überlegungen eröffneten den Teilnehmern dieser Veranstaltung die Möglichkeit zu einem regen Gedankenaustausch, der ihnen zu einer Systematisierung prüfungsdidaktischer Erkenntnisse gereichte. Darüber hinaus hatten sie die Gelegenheit, sich für ihr eigenes – bisher mehr oder weniger – prüfungsdidaktisches Verhalten zu sensibilisieren und zu erkennen, in welchen Bereichen noch Verbesserungen möglich oder auch nötig sind.

In dieser thematisch breit angelegten Veranstaltung wurde deutlich, wie wertvoll die Prüfungsdidaktik nicht nur für dem Fremdsprachenbereich ist, sondern wie dringend ihre fortgesetzte Ausweitung auf die übrigen an Schule und Hochschule unterrichteten Fächer ist.

Die an dieser Fortbildungsveranstaltung teilnehmenden Gymnasiallehrerinnen und -lehrer sahen von sich aus die Notwendigkeit der weiteren Verbreitung prüfungsdidaktischer Erkenntnisse in ihren verschiedenen schulischen Kontexten, um dadurch eine mehr als bisher vonstatten gegangene Einbindung der Prüfungsdidaktik in die Schulwirklichkeit zu erreichen.

Das Faktum, dass die Prüfungsdidaktik gegenwärtig mehr und mehr in das Blickfeld von Schule und Hochschule gerät, ist als sehr positiv zu werten und stellt eine späte – wenn auch nicht zu späte – Konsequenz aus Tinnefelds Monographie Prüfungsdidaktik. Zur Fundierung einer neuen wissenschaftlichen Disziplin – am Beispiel der modernen Fremdsprachen. Aachen (2002) dar.  Es bleibt zu hoffen, dass in Zukunft immer mehr Schulen und Hochschulen Fortbildungen zur Prüfungsdidaktik anbieten und damit die ersten grundlegenden Voraussetzungen zu einer Qualifizierung Ihres Lehrpersonals auf  diesem immens wichtigen Feld schaffen - zumal dieses einen Bereich darstellt, der für die Studienchancen, aber auch die späteren Berufschancen von Schülern und Studierenden von immenser Wichtigkeit ist, der bislang jedoch ungebührlich vernachlässigt wurde. Gegebenenfalls kann diese Enwicklung auch durch die in Kürze escheinende, neue Monographie Tinnefelds über dieses Gebiet gestützt werden.

Die Redaktion 

Gastvortrag von Herrn Professor Tinnefeld an der Justus-Liebig-Universität Gießen zum Thema “Fachfremdsprachliches Prüfen an der Hochschule “

Herr Prof. Dr. Thomas Tinnefeld hielt am 30. März 2012 auf Einladung der Direktorin des Zentrums für fremdsprachliche und berufsfeldspezifische Kompetenzen (ZfbK) der Justus-Liebig Universität Gießen, Frau Prof. Dr. Susanne Goepferich, im Rahmen des 4. Workshops “Professionelle Fremdsprachenlehre an der Hochschule” zum Rahmenthema Fachfremdsprachenausbildung einen dreistündigen, von interaktiven Anteilen geprägten Gastvortrag zum Thema “Fachfremdsprachliches Prüfen”.

Als eine Tätigkeit, die von nahezu dem gesamten wissenschaftlichen Personal der Hochschulen mehr oder minder regelmäßig durchgeführt werden muss, ist das Prüfen als eine hochgradig wichtige Tätigkeit einzustufen. In seinem Vortrag behandelte Herr Professor Tinnefeld zunächst die wesentlichen prüfungsdidaktischen Prinzipien. Diese stellten die Basis dar für die ausführliche Behandlung der Konzeption schriftlicher Fremdsprachenprüfungen und ihrer verschiedenen Typen sowie ihrer Vor- und Nachteile für Prüfer und Prüflinge. Ergänzt wurden die theoretischen Ausführungen durch praktische Übungen, deren Ziel es war, die Fähigkeiten der Teilnehmer zur Beurteilung der verschiedenen Aufgabentypen und ihrer Erstellung zu verbessern. Die durch den Vortrag und seine praktsischen Anteile erzielte Sensibilisierung der Teilnehmer für Fremdsprachenprüfungen und die didaktische Konzeption dieser zeigte sich in der anschließenden Diskussion.

Obwohl die im Vortrag behandelten Fragen in erster Linie die fachliche Fremdsprachenausbildung betrafen, lassen sie sich jedoch weitgehend unproblematisch auf fremdsprachliches Prüfen im Allgemeinen übertragen.


Die Redaktion

In: Voss, Bernd (Hrsg.) (unter Mitarbeit von Anne-Kathrin Lüdemann: Unicert Handbuch 2. Stand - Entwicklung - Perspektiven. Bochum: AKS-Verlag 2010, 169-180.


Aufgabentypen im Bereich Leseverstehen

und ihre Relevanz für die Bewertung studentischer Fremdsprachenleistungen


Thomas Tinnefeld

Abstract

The present article investigates selected forms of assessment, their quality for testing purposes and their relevancy for evaluating students' performance in the area of reading comprehension, with the majority of findings generally being transferable to the field of listening comprehension. Potential advantages and disadvantages of the different types of assessment, such as summary, global questions, detailed questions, multiple-choice items, true-false statements, and answer matrix, are elaborated. Suggestions for their use in exams are given.

0. Vorbemerkung

Im folgenden wird es darum gehen, verschiedene Klausur- und Testaufgaben im UNIcert®-Kontext[1] zu beschreiben und sie im Hinblick auf die Bewertung studentischer Fremdsprachenleistungen hin zu einzuschätzen. Ziel des Beitrages ist es, Empfehlungen auszusprechen hinsichtlich der Verwendung bzw. der Vermeidung bestimmter Aufgabentpypen.

Der vorliegende Beitrag ist praxisorientiert. Er soll Klausurkonzeptoren und –konzeptorinnen bei der Erstellung schriftlicher Prüfungsteile helfen, um ihnen auf diese Weise Orientierung in einem Bereich zu ermöglichen, in dem zur Zeit noch recht wenig Orientierung herrscht. Das Leseverstehen[2] haben wir dabei aus den folgenden Gründen als Gegenstand der Betrachtungen ausgewählt:

Die hier zu besprechenden Gesichtspunkte sind in ihrem Umfang in einer Weise eingrenzbar, die ihre Behandlung im Rahmen eines Handbuch-Artikels möglich und sinnvoll erscheinen lässt. Für umfangreichere Fragestellungen wäre eher die Präsentationsform einer Monographie sinnvoll.[3].

Die im folgenden vorzustellenden Reflexionen sind zum großen Teil nicht nur auf das Leseverstehen beschränkt, sondern auch auf das Hörverstehen und seine Testung zu übertragen. Sie weisen somit über sich hinaus.

Die Bewertung des Leseverstehens stellt aus dem Grunde ein besonderes Problem dar, weil es sich um die mentale Verarbeitung von Inhalten handelt und diese bisweilen nur sehr unzureichend in objektivierbarer Form zu fassen sind. Dies ist beispielsweise anders im Falle der Feststellung sprachlicher Fehler in Texten Studierender, die in der Regel auf mehr oder minder objektive Art und Weise zu ermitteln sind. Aus diesem Grunde müssen Klausurkonzeptoren und – konzeptorinnen Kriterien an die Hand gegeben werden, mit deren Hilfe die Ermittlung eines zuverlässigen Bewertungsergebnisses in befriedigender und nachvollziehbarer Form möglich wird. Dies soll hier versucht werden.


1. Aufgabentypen

1.1 Allgemeine Überlegungen

Die in unseren Ausführungen vorgestellten und aufgrund ihrer Konzeption evaluierten Aufgabentypen sind von zentraler Bedeutung, da sie in der Prüfungspraxis erfahrungsgemäß mit hoher Frequenz auftreten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass nicht auch andere Typen – die im folgenden nicht behandelt werden – existieren und ihrerseits sinnvoll sind. Wenn somit auf die hier ausgegrenzten Aufgabentypen abgehoben wird, stellen diese zwar eine Auswahl dar, jedoch eine begründete. Sie sind jedoch keine geschlossene Liste. In manchen Institutionen werden die hier besprochenen Aufgabentypen in der zu prüfenden Fremdsprache verlangt – also beispielsweise als Zusammenfassung eines französischen Originaltextes auf Französisch -, in anderen wird dagegen die Verwendung der Muttersprache verlangt – also die Zusammenfassung eines französischen Originaltextes auf Deutsch (für deutsche Lerner). Beide Ansätze haben ihre Vor- und Nachteile. Beide haben jedoch ihre Berechtigung, auch wenn die Verwendung der Muttersprache bisweilen kritisiert wird. An denjenigen Stellen, an denen es für das Verständnis notwendig ist, wird auf diese grundlegende Unterscheidung eingegangen.


1.2. Die Aufgabentypen im Einzelnen

Im Folgenden werden die relevanten Aufgabentypen zunächst kurz beschrieben, bevor im zweiten Kapitel auf ihre Bedeutung für die Bewertung studentischer Fremdsprachenleistungen eingegangen wird. Im Einzelnen handelt es sich um:

  • Zusammenfassung (Resümee)
  • Globalfragen
  • Detailfragen
  • Multiple-Choice-Aufgaben
  • True-false-Statements
  • Antwortmatrix

Die Zusammenfassung stellt den vergleichsweise freiesten – am wenigsten gelenkten – der hier in Frage kommenden Aufgabentypen dar. Ihr Ziel ist es, den Ausgangstext in seinen großen Linien darzustellen und ihn dabei auf sein eigentliches Thema hin zu zentrieren. Dabei sind im Wesentlichen zwei verschiedene Ausrichtungen denkbar:

  • die chronologische Zusammenfassung: Hierbei wird der Ausgangstext in linearer Form wiedergegeben. Die Abfolge der Zusammenfassung entspricht der thematischen Abfolge im Ausgangstext;
  • die systematische Zusammenfassung. Diese Form ins achronologisch, d.h. sie bildet einen gedachten Mittelpunkt des zentralen Textthemas, um den herum die einzelnen relevanten Gesichtspunkte gruppiert werden. Diese Form der Zusammenfassung wird gemeinhin als die anspruchsvollere, die höherwertige angesehen. Inwieweit sie positiv, die chronologische Zusammenfassung dagegen negativ sanktioniert wird, bleibt zum einen dem Anspruchsniveau des Lehrenden, zum anderen den in der jeweiligen Prüfungsordnung gestellten Anforderungen überlassen.

Unstrittig ist dagegen, dass die Zusammenfassung quantitativ nicht mehr als ein Drittel des Ausgangstextes umfassen sollte. Zusammenfassungen können Beispiele aus dem Originaltext enthalten, müssen dies jedoch nicht.

Globalfragen dienen dazu, größere Einzelzusammenhänge des Ausgangstextes zu beleuchten, deren sachlicher Umfang idealerweise jedoch unter dem in der Zusammenfassung abgefragten Textsegment liegen sollte. In der Praxis ist es jedoch kaum möglich, eine Serie von Globalfragen von einer Zusammenfassung zu unterscheiden, so dass sich dann der folgende Zusammenhang ergibt: Mit Hilfe einer Reihe von Globalfragen lässt sich ein gegebener Ausgangstext in ähnlicher Weise erfassen wie mit dem Mittel der Zusammenfassung. Dieses Faktum stellt ein Grundproblem der Kombination beider Aufgabentypen dar: Zu empfehlen ist daher, in ein und derselben Klausur entweder eine Zusammenfassung oder die Beantwortung von Globalfragen zu verlangen.

Bei Detailfragen ergibt sich eine andere Situation: Sie stellen eine sinnvolle Ergänzung zur Zusammenfassung einerseits und der Beantwortung von Globalfragen andererseits dar. Detailfragen heben intentional auf sekundäre oder nachrangige inhaltliche Textsegmente ab. Ziel der Anwendung dieses Aufgabentyps ist es festzustellen, ob die Prüflinge mehr verstanden haben als nur die großen Zusammenhänge des Ausgangstextes. In der Beantwortung von Detailfragen können sie unter Beweis stellen, ob sie die großen Linien des Textes zu ergänzenden Zusatzinformationen in Beziehung zu setzen vermögen. Erfolgreich beantwortete Detailfragen untermauern das globale Verständnis eines Textes und stellen somit ein zuverlässiges Instrument für eine umfassende Prüfung des Leseverstehens dar. Man kann u.E. so weit gehen zu sagen, dass die Testung des Leseverstehens mit Hilfe der Zusammenfassung oder von Globalfragen ohne die Stützung durch Detailfragen nicht zu empfehlen ist.

Wird die Erstellung einer Zusammenfassung bzw. die Beantwortung von Global- oder Detailfragen in der zu prüfenden Fremdsprache verlangt, so ist unbedingt darauf zu achten, dass Testsegmente des Ausgangstextes von den Studierenden nicht abgeschrieben werden.

Multiple Choice-Aufgaben unterscheiden sich von den bisher behandelten Aufgabentypen grundlegend dadurch, dass sie von den Prüflingen keinerlei Sprachproduktion verlangen. Dieser Aufgabentyp existiert in zwei unterschiedlichen Ausprägungen:

  • Lediglich eine von mehreren gegebenen Antwortmöglichkeiten ist korrekt und
  • Mehrere der gegebenen Antwortmöglichkeiten sind korrekt.

Im ersten Fall ist es nicht unbedingt notwendig, die korrekte Antwort zu kennen, um ein gegebenes Item richtig zu lösen: Prüflinge können hier entweder „raten“, also eine Alternative at random ankreuzen, die dann möglicherweise die richtige sein kann, oder sie gehen ex negativo vor und gelangen durch die Ausgrenzung aller ihnen unwahrscheinlich anmutenden Lösungsmöglichkeiten zu der korrekten Antwort. Diese zweite Möglichkeit stellt zwar nicht den durch die Prüfungsform intendierten Lösungsweg dar, sie ist jedoch – im Unterschied zur ersteren – zumindest sprachbasiert.

Im zweiten Fall – dem Vorliegen mehrerer richtiger Lösungen -, der jedoch im Bereich des Sprachtestens aufgrund systematischer Zusammenhänge ungleich seltener auftritt, sind solche Evasionsstrategien nicht möglich. Aus diesem Grunde sollte diese Form derMultiple-Choice-Aufgabe in Fremdsprachenprüfungen deutlich aufgewertet werden. Da in prüfungsrelevant verwertbaren Sprachäußerungen nur in den seltensten Fällen mehr als eine richtige Lösung existiert bzw. solche Äußerungen dann zudem noch stark konstruiert erscheinen, soll hier ein Beispiel für eine prüfungsfreundliche Anwendung dieser zweiten Form von Multiple-Choice-Aufgabe angeführt werden. So könnte man sich ein solches Item wie folgt vorstellen:

Pierre aime ______ films _______.

a) les c) passionnantes

b) des d) passionnants

In einem Item wie diesem stellt allein die Kombination zweier Antwortmöglichkeiten die korrekte Lösung (a und d) dar. Eine solche Realisation dieser Art von Multiple-Choice-Aufgabe dürfte prüfungstechnisch ungleich zuverlässiger sein als ihre traditionell durchgeführte Form. Anspruchsvoller im prüfungsdidaktischer Hinsicht, aber auch in sprachlicher Hinsicht ist sie allemal.

Bei den True-False-Statements handelt es sich um einen Aufgabentyp, bei dem Aussagen des Textes in inhaltlich weitgehend identischer Form oder in unterschiedlicher Form wiedergegeben werden. Diese Aussagen muss der Prüfling anhand der Kategorien ´true´ und ´false´ bewerten. Der Aufgabentyp kann im wesentlichen in zwei Ausprägungen vorkommen:

  • in Form reiner Ankreuzung, so dass durch die Identifizierung einer Aussage als ´true´ oder ´false´ die Aufgabe gelöst ist, oder
  • durch die Ankreuzung einer der beiden Kategorien und zusätzlich – wenn ´false´ angekreuzt werden muss - durch die Wiedergabe des korrekten Inhalts entweder in der geprüften Sprache oder in der Muttersprache der Studierenden.

Diese zweite Form ist als anspruchsvoller zu werten: Sie kombiniert das weitgehend passive Element der Informationsidentifikation mit dem aktiven Element der Formulierung textuell korrekter Informationsbestandteile.

Es liegt auch hier wieder im Ermessen der Klausurkonzeptoren, die Darbringung der korrekten Informationsbestandteile entweder in der geprüften Sprache oder in der Muttersprache der Studierenden vornehmen zu lassen. Wie bei der Zusammenfassung haben beide Typen ihre Vor- und Nachteile, jedoch auch gleichzeitig ihre Berechtigung.

Die Antwortmatrix bezieht sich auf die Herausarbeitung von Konstellationen, die in einem gegebenen Text auftreten: Konstellationen zwischen Personen und Sachen, zwischen Personen untereinander oder Sachen untereinander. Paarbildungen, wie sie hier auftreten, wären beispielsweise, welche Gegenstände bestimmten Personen gehören oder welche Argumente diese vertreten, welche Beziehungen sie zu bestimmten Örtlichkeiten aufweisen usw.. Diese Konstellationen müssen in einer Matrix vermerkt werden, was durch Ankreuzen oder durch die Vergabe von Plus- bzw. Minuszeichen für die Gültigkeit oder die Ungültigkeit der einzelnen Beziehungen geschehen kann. Als Aufgabentyp ist die Antwortmatrix als sprachlich passives Element einzustufen.


2. Die Bewertung studentischer Fremdsprachenleistungen

Im vorliegenden Kapitel steht die Bewertung studentischer Fremdsprachenleistungen, wie sie durch die zuvor skizzierten Aufgabentypen ermöglicht wird, im Mittelpunkt. Die Leitfrage lautet hier somit: In welcher Form wird es durch die verschiedenen Aufgabentypen möglich, Leistungen Studierender, die sie im Gebrauch der Fremdsprache aufweisen, zu bewerten?

Zu den unterschiedlichen Aufgabentypen werden hierbei zentrale Aspekte herausgegriffen und im Hinblick auf die formulierte Leitfrage diskutiert.


2.1 Zusammenfassung (Resümee)

Der erste im gegebenen Zusammenhang relevante Gesichtspunkt bezieht sich darauf, ob die Diktion der Zusammenfassung der Prüflinge klar und deutlich ist. Da die Klarheit in der Darstellung einer Zusammenfassung und der Erfolg des Textverständnisses des Prüflings als proportional zueinander angesehen werden können, verweist dieser Gesichtspunkt auf die Souveränität des Textverstehens von Seiten des Studierenden. Ist die Diktion der Zusammenfassung klar und deutlich, so ist diese Souveränität mit großer Sicherheit gegeben. Ist die Zusammenfassung dagegen eine mehr oder minder unzusammenhängende Darstellung, so wird die mentale Repräsentation des Textes beim Prüfling mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls unzusammenhängend sein.

Die Frage, ob die zentrale Textaussage in der Zusammenfassung der Prüflinge zum Ausdruck kommt, hebt darauf ab, ob diese die allgemeine thematische Ausrichtung des Textes verstanden haben. Die negative Beantwortung dieser Frage verweist klar auf eine erfolglose Bewältigung dieser Aufgabe. Kann die hier formulierte Frage dagegen positiv beantwortet werden, bedeutet dies noch nicht das Bestehen des gesamten Leseverstehensteils einer Prüfung. Hinzu treten dann weitere – die folgenden – Gesichtspunkte.

Für den einsprachigen Ansatz – also dafür, dass der fremdsprachliche Ausgangstext ebenfalls in der Fremdsprache wiedergegeben werden soll – ist eine weitere Frage von Relevanz: diejenige, ob Passagen des Ausgangstextes wortwörtlich zitiert werden. Eine Zusammenfassung zu verlangen, ist prüfungstechnisch weit verbreitete Praxis. In solchen Fällen, in denen eine Zusammenfassung auf Deutsch – bzw. in der Muttersprache der Studierenden – verlangt wird, erübrigt sich die hier gestellte Frage.

Bei der Zusammenfassung in der Ausgangssprache ist die wörtliche Übernahme von Textteilen durch die Studierenden unbedingt zu vermeiden. Werden dennoch Passagen des Ausgangstextes wörtlich zitiert, so ist die Leistung des Studierenden im Hinblick auf diese Textpassagen in Frage zu stellen. Solche Übernahmen können im wesentlichen aus zwei Gründen vorgenommen worden sein:

  • Dem Prüfling standen andere, vom Text losgelöste Formulierungen nicht zur Verfügung. Dieses Faktum verweist auf eine nur unzureichende schriftliche Beherrschung der Fremdsprache, da dem Prüfling Varationsmöglichkeiten im Ausdruck fehlen;
  • Der Prüfling hat die in Frage kommende Textpassage nicht verstanden und gibt aus diesem Grunde der wörtlichen Übernahme den Vorzug.

Zu diesen Begründungen ließen sich gegebenenfalls noch weitere hinzufügen. Allen gemeinsam ist jedoch, dass sie für das Textverständnis als problematisch eingestuft werden müssen und daher bei der Bewertung negativ zu sanktionieren sind.

Ein weiteres Kriterium der Bewertung liegt in der Frage, ob die Informationen des Ausgangstextes von den Prüflingen chronologisch oder systematisch wiedergegeben werden. Natürlich muss eine chronologische Darstellung dieser Informationen als akzeptabel angesehen werden. Sie ist jedoch weniger anspruchsvoll als eine systematische Darstellung. Diese kann somit als wünschenswert eingestuft werden: Je weniger Chronologie bzw. je mehr Systematik sich in einer Textzusammenfassung der Studierenden vorfinden lässt, als desto besser kann deren Textverständnis eingeschätzt werden. Umso besser muss somit auch die Bewertung sein.

Ein Bewertungskriterium, das nicht unterschätzt werden darf, liegt in der Problematik, ob die Zusammenfassung derart konzipiert ist, dass sie ohne Kenntnis des Ausgangstextes verstanden werden kann. Ist die ausgangstextunabhängige Verständlichkeit einer Zusammenfassung nicht gegeben, muss dieser Gesichtspunkt sich naturgemäß negativ auf die Bewertung auswirken: Die Studierenden werden in ihrer späteren Berufstätigkeit erfahrungsgemäß nicht in die Lage kommen, Textzusammenfassungen zu erstellen, die nicht aus sich heraus verständlich sein müssen. Aus diesem Grunde ist in dem vorliegenden Bewertungskriterium eine wichtige berufsrelevante Fragestellung zu sehen.

Ebenfalls für die Bewertung von Bedeutung ist die Frage, ob der vom Studierenden gewählte Stil der Zusammenfassung dicht und konzis ist oder ob in der Zusammenfassung „geschwafelt“ wird. Die Textsorte Zusammenfassung strebt naturgemäß nach einem verdichteten Stil. Nur wenn dieser gegeben ist, kann von einer ´Zusammenfassung´ gesprochen werden. Zusammenfassungen, die quantitativ ein Drittel der Länge des Ausgangstexte überschreiten, sind somit nicht mehr als solche zu werten: Der Studierende hat dann ein wesentliches Erfordernis dieser Textsorte nicht erfüllt. Diese Zusammenhänge führen dazu, die übergroße Länge von Zusammenfassungen als nachhaltig negativ zu sanktionieren.

Ein weiteres wichtiges Bewertungskriterium ist darin zu sehen, ob alle relevanten Informationen des Ausgangstextes in der Zusammenfassung vorzufinden sind. Ein Grundproblem dieses Gesichtspunktes besteht darin, dass verschiedene Klausurkonzeptoren durchaus verschiedenartige Inhalte eines Textes als informational relevant ansehen mögen. Dennoch lässt sich die aufgeworfene Frage am besten in der Weise beantworten, dass für eine „ideale“ Zusammenfassung des jeweiligen Textes eine Gesamtpunkzahl vergeben wird. Jeder korrekt wiedergegebene Informationsbestandteil wird dann durch die Vergabe eines Punktes honoriert. Diese Art der Bewertung ist für die Prüflinge am besten nachzuvollziehen und für den Korrektor am vergleichsweise objektivsten.

Eine Frage, deren Beantwortung erhebliche Probleme aufweist, stellt diejenige dar, ob ungenau ausgedrückte Textpassagen auf mangelndes Textverständnis schließen lassen. Hierauf kann es keine objektive Antwort geben. Dafür sind die Gründe für dieses Phänomen zu mannigfaltig. Es drängt sich jedoch die Schlussfolgerung auf, dass mangelndes Textverständnis in erster Linie durch ungenaue Ausdrucksweise kompensiert wird. Diese Schlussfolgerung ist erfahrungsgemäß die realistischste. Sie führt dazu, solche Textpassagen negativ zu bewerten.

Eine zentrale Frage der Bewertung von Zusammenfassungen bezieht sich auf das Vorhandensein von Missverständnissen auf Seiten des Prüflings: Gibt es solche im Hinblick auf den Ausgangstext? Sind diese zu vernachlässigen oder schwerwiegend? Prinzipiell existieren zwei Möglichkeiten der Sanktionierung, wenn das zuvor angedeutete Punktsystem zugrundegelegt wird:

  • für ein gegebenes Missverständnis kann kein Punkt erteilt werden oder
  • pro Missverständnis wird nicht nur kein Punkt erteilt, sondern es wird zudem ein Punkt abgezogen.

Aus Gründen der in Prüfungen anzustrebenden Fairness erscheint es in dieser Frage wünschenswert, die erste Möglichkeit zur Maßgabe der Bewertung werden zu lassen.

Wenn der Ausgangstext Beispiele enthält, so stellt sich die Frage, ob diese in der Zusammenfassung kurz und bündig zitiert werden. Im Grunde kann davon ausgegangen werden, dass Beispiele in Textzusammenfassungen in aller Regel keinen Platz haben. Dennoch ist zuzugestehen, dass eine Zusammenfassung, die keinerlei Beispiele enthält, einen erheblichen Teil ihres Informationswertes einbüßen kann: Ihr fehlt der illustrative Charakter – ein für das Textverständnis wichtiger Aspekt. Deswegen kann es in Textzusammenfassungen durchaus wünschenswert sein, Beispiele zu zitieren. Dies muss jedoch kurz und prägnant geschehen. Ist diese Bedingung erfüllt, sollte die skizzierte Behandlung von Beispielen positiv in die Bewertung eingehen.

Die hier aufgeführten Punkte erscheinen als die wichtigsten Bewertungskriterien für die Textsorte Zusammenfassung.


2.2. Globalfragen

Für den Aufgabentyp Globalfragen sind die folgenden Gesichtspunkte von Bedeutung: Ein ganz wesentliches Merkmal dieses Aufgabentyps besteht darin, dass der Studierende den globalen Charakter der Frage erkennt. Er muss verstehen, dass es sich hierbei tatsächlich um eine Globalfrage handelt – also um eine solche, die auf allgemeine Inhalte und Tendenzen des Ausgangstextes abhebt. Lässt der Prüfling diese Erkenntnis deutlich werden, so ist daraus abzuleiten, dass er sich über die thematische Tragweite der Frage bewusst ist und sie in adäquater Art und Weise in das Textganze einzuordnen vermag. Dieses Prüfungsverhalten ist positiv.

Zentral für die Bewertung von Globalfragen ist der Aspekt, ob sie – trotz ihres allgemeinen Charakters – exakt und themenorientiert beantwortet werden, so dass nicht vom Text abgewichen wird und so dass allzu generelle Aussagen vermieden werden. Dieser Aspekt stellt die Zielorientierung des Aufgabentyps dar. Fällt er negativ aus, so besteht die Gefahr, dass der Prüfling nicht die Aussagen des Textes für die Beantwortung der Fragen zugrundelegt, sondern sein Weltwissen (vgl. hierzu auch Clapham (1998)). Ein solches Prüfungsverhalten ist für die Bewertung nicht wünschenswert und daher negativ zu sanktionieren.

Ein weiterer Gesichtspunkt, der durch die Stellung von Globalfragen begünstigt werden kann, liegt darin, dass die Prüflinge sich in nicht erfragte Details „flüchten“. Zu beachten ist also, ob sie eine Evasionsstrategie verfolgen. Ein solches Verhalten der Prüflinge kann darauf hindeuten, dass sie die in der Globalfrage angesprochene zentrale Textaussage nicht erfasst haben. Diese Hinwendung zu Details an denjenigen Stellen, an denen sie nicht erfragt werden, ist negativ zu sanktionieren.

Da Globalfragen auf generelle Entwicklungen und Tendenzen abzielen, ist deren Beantwortung in der Regel in einer allgemeinen Diktion mit distanzierter Stilorientierung zu leisten. Eine zu konkrete Ausdrucksweise des Prüflings und ein zu sehr an den Ausgangstext angelehnter Stil tragen dazu bei, dieses Lernziel nicht zu erfüllen. Die Bewertung sollte hier entsprechend sein.

Wie bereits in Kap. 2.1 besprochen, kann der stichwortartige Verweis auf ein Textbeispiel auch bei Globalfragen als wünschenswert eingestuft werden: Hieraus wird deutlich, dass der Prüfling die intratextuellen Korrespondenzen – die thematischen Bezüge innerhalb des Textes – verstanden hat. Dies ist ein positiver Leistungsaspekt.

Die nunmehr zu den Detailfragen anzusprechenden Gesichtspunkte sind durchaus als komplementär zu denjenigen anzusehen, die hier für den Typus Globalfragenangesprochen worden sind.


2.3. Detailfragen

Ein Gesichtspunkt, der die Qualität der prüfungsrelevanten Behandlung des AufgabentypsDetailfragen durch die Studierenden zentral beeinflusst, ist derjenige, ob das erfragte Detail vom Studierenden in aller Kürze in seinen übergeordneten Rahmen gestellt wird. Wenn dieser Gesichtspunkt auch über den eigentlichen Charakter der Detailfrage hinausweist, so ist er dennoch als Desiderat anzusehen. Er hebt ebenfalls ab auf die Erkennung intratextueller Korrespondenzen, die hier jedoch im Unterschied zur Globalfrage, bei der sie hierarchisch von oben nach unten verlaufen, in der Hierarchie von unten nach oben gehen. Beide Richtungen sind einander komplementär und sollten für die Testung des Leseverstehens auch durchaus in dieser Weise benutzt werden.

Wird das erfragte Detail vom Studierenden explizit benannt, so macht dieses Prüfungsverhalten deutlich, dass er die Frage korrekt mit dem Text in Beziehung gesetzt hat und somit eine gute Übersicht über den Text besitzt; er versteht es, die Frage und die durch sie evozierten Inhalte adäquat in das Textganze einzuordnen. Auch wenn dieser Aspekt nichts anderes ist als das für den vorliegenden Aufgabentyp notwendig zu erbringende Lernziel, so ist er positiv zu bewerten.

Ein Studierender kann in einer Prüfung in einer Weise handeln, die den Eindruck nahelegt, dass er ein anderes Textdetail evoziert als dasjenige, auf das die Frage abzielt, wobei jenes Detail nur mittelbaren Bezug zur Frage hat. Ein solches Prüfungsverhalten lässt erkennen, dass der Studierende Verständnisprobleme hat, und zwar

  • entweder hinsichtlich des Bezugs zwischen Ausgangstext und Frage oder
  • hinsichtlich desjenigen Details, auf das die Frage abzielt.

Unter der Voraussetzung, dass die Frage klar formuliert worden ist – dass also kein Fehler von Seiten des Prüfers vorliegt –, ist eher von dieser zweiten Möglichkeit auszugehen. In diesem Falle ist die Leistung negativ zu sanktionieren.

Auch im Rahmen der Behandlung der Detailfragen ist es wichtig zu erkennen, ob eine solche Frage aufgrund des Textverständnisses oder aufgrund des Weltwissens des Prüflings beantwortet wurde. Zwar ist diese Problematik in der Regel nur schwer zu klären, da sie auf Mutmaßungen gründet. In manchen Fällen ist es jedoch möglich, eine solche Ursachenzuschreibung vorzunehmen: dann, wenn ein Beispiel angesprochen wird, das nicht oder nicht in identischer Form den im Text auftauchenden Beispielen entspricht. Ein solches Prüfungsverhalten eines Studierenden weist auf eine freie Beantwortung der Frage aufgrund seines Weltwissens hin, da es unüblich ist, bei Textverständnisfragen über die Informationen des Ausgangstextes hinauszugehen. Ein solches Verhalten sollte daher negativ sanktioniert werden, da der Studierende sich nicht an die „Spielregeln“ diese Aufgabentyps gehalten hat bzw. er erkennen läßt, dass er den Text hinsichtlich dieses Details nicht erfasst hat.

Hatten wir es bisher – wie bereits in Kap. 1 deutlich wurde – mit Aufgabentypen zu tun, in denen den Studierenden Sprachproduktion abverlangt wurde, so ist dieser Aspekt bei dem folgenden Aufgabentyp nicht gegeben.


2.4. Multiple-Choice-Aufgaben

Nur der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass lediglich die Ankreuzung einer falschen Antwortalternative prüfungstechnisch bedingte Fragen aufwirft. Ist die korrekte Alternative angekreuzt worden, so zielt dies auf das klassische Verhalten der Studierenden bei Multiple-Choice-Aufgaben ab und repräsentiert den wünschenwerten Zustand. Bewertungsrelevante Fragen, die im ersten Fall auftauchen, sind beispielsweise:

Ist eine falsche Antwortalternative angekreuzt worden, die aber aufgrund der Formulierung der Aufgabe auch hätte richtig sein können? Diese Frage zielt nicht ab auf ein Problem von Seiten des Studierenden, sondern vielmehr auf ein Problem hinsichtlich der Konzeption der Aufgabe selbst. Tritt ein solcher Fall auf, sollte ein Prüfer sich selbst gegenüber kritisch sein und sich eingestehen, dass die von ihm formulierte Aufgabe ungenau bzw. unglücklich ist. In einem solchen Fall – und dies gilt besonders dann, wenn sich die Ankreuzung falscher Antwortalternativen bei den Studierenden häuft – darf ein Prüfer dieses Multiple-Choice Item nicht in die Bewertung miteinfließen lassen und es keinesfalls negativ sanktionieren. Ein solches Item muss unbedingt neutralisiert werden.

Haben mehrere Prüflinge, darunter auch solche, von denen eine hohe Leistung zu erwarten ist, die gleiche, vom Prüfer nicht erwartete Antwortalternative angekreuzt, so verweist dieses Verhalten mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls auf einen Fehler des Prüfers und nicht auf ein Verschulden der Studierenden. Auch hier ist ein Konzeptionsproblem gegeben: Die gestellte Frage und die ihr zugeordneten Antwortalternativen sind nicht eindeutig voneinander abgegrenzt. Auch ein solcher Fall ist nicht bewertungsrelevant. Er sollte ebenfalls neutralisiert oder allenfalls nachrangig in die Bewertung miteinbezogen werden. Eine totale Tilgung ist hier jedoch vorzuziehen.

Wenden wir uns nun dem vorletzten Aufgabentyp zu: den True-False-Statements.


2.5. True-False-Statements

Auch bei diesem Aufgabentyp ist die korrekte Ankreuzung – entweder von ´true´ oder ´false´ - eine klassische Aufgabenerfüllung und somit nicht weiter zu besprechen. Ebenfalls unmarkiert und somit nicht weiter zu berücksichtigen ist die inhaltlich zutreffende Korrektur der Behauptung bei Ankreuzung von ´false´.

Ein Problem ist jedoch dann gegeben, wenn – bei der Ankreuzung von ´false´- die durch den Studierenden vorgenommene inhaltliche Korrektur der Behauptung auf ein anderes als das gewünschte Textdetail abhebt. Ein solches Prüfungsverhalten stellt einen Hinweis auf das falsche Verständnis der Behauptung durch den Prüfling dar. Ist die Behauptung exakt formuliert worden und somit eine falsche Zuordnung ihrer zum Ausgangstext objektiv auszuschließen, so ist das beschriebene Prüfungsverhalten negativ zu sanktionieren.

Eine weitere Möglichkeit des Prüfungsverhaltens Studierender besteht darin, zwar ´false´ angekreuzt zu haben, jedoch keine Korrektur der Behauptung vorzunehmen. Dieses Verhalten zeugt entweder von Nachlässigkeit der Studierenden oder davon, dass sie das für die Korrektur der Behauptung relevante Textdetail nicht verstanden haben. Sie könnten ebenso bei der Beantwortung der Aufgabe geraten haben, da ihnen die inhaltliche Korrektur der Behauptung sprachlich unmöglich ist.

Derjenige Aufgabentyp, der den Studierenden keinerlei sprachliche Äußerung abverlangt, ist die Antwortmatrix.


2.6. Antwortmatrix

Im Rahmen dieses Aufgabentyps ist neben der wünschenswerten Situation – dass die Ankreuzungen korrekt vorgenommen worden sind – im wesentlichen ein Problempunkt erkennbar: Sind unsystematische, also nicht auf dem Textverständnis basierende, Ankreuzungen vorgenommen worden? Wenn diese Möglichkeit zunächst auch wenig wahrscheinlich anmutet, so ist sie in der Bewertungspraxis dennoch anzutreffen. Eine solche unsystematische Ankreuzung liegt etwa dann vor, wenn der Studierende einander widersprechende Zuordnungen zu demselben Sachverhalt oder derselben Person herstellt. Ein solches Prüfungsverhalten zeugt eindeutig von mangelndem Textverständnis und ist negativ zu sanktionieren.

Nach der hier erfolgten Behandlung des Potentials, das den angesprochenen Aufgabentypen für die Bewertung studentischer Fremdsprachenleistungen inhärent ist, folgen nunmehr Empfehlungen zu den einzelnen Aufgabentypen.


3. Empfehlungen hinsichtlich der Verwendung bzw. der Vermeidung von Aufgabentypen

Da implizit bereits eine Evaluation der unterschiedlichen Aufgabentypen vorgenommen worden ist, genügen an dieser Stelle lediglich einige Hinweise.

Mehr oder minder uneingeschränkt zu empfehlen, wenn es darum geht, studentische Fremdsprachenleistungen im Rahmen des Leseverstehens zu bewerten, sind die folgenden Aufgabentypen:

  • Zusammenfassung (Resümee)
  • Globalfragen
  • Detailfragen
  • True-False-Statements.

Weniger bzw. überhaupt nicht zu empfehlen sind.

  • Multiple-Choice-Aufgaben und
  • Antwortmatrix.

Diese Übersicht lässt deutlich werden, dass solche Aufgabentypen empfehlenswert sind, die eine (gewisse) sprachliche Produktion der Studierenden fordern bzw. diese potentiell in sich einschließen – wie dies beispielsweise bei den True-False-Statements der Fall ist, und zwar dann, wenn sie mit einer inhaltlichen Korrektur im Falle der ´False-´-Ankreuzung einhergehen. Aufgabentypen, die keinerlei sprachliche Aktivität der Studierenden vorsehen, sind dagegen nicht empfehlenswert.

Wird bei Zusammenfassungen und der Verwendung von Globalfragen dann, wenn diese in der geprüften Sprache zu erstellen bzw. zu beantworten sind, darauf geachtet, dass keine identischen Wideraufnahmen von Teilen des Ausgangstextes von Seiten des Studierenden hervorgebracht werden, so sind diese beiden Aufgabentypen als positiv zu bewerten: Sie gewährleisten in adäquater und zuverlässiger Art und Weise die Testung des Textverständnisses in seinen großen Linien. Die bereits angedeutete Gefahr bei der Verwendung beider Typen liegt darin, dass eine Serie von Globalfragen sehr oft nichts anderes ist als eine in sich unterbrochene Zusammenfassung. Prüfungskonzeptoren müssen somit dafür Sorge tragen, dass dann, wenn eine Zusammenfassung gefordert wird, entweder nicht zusätzlich Globalfragen gestellt werden, oder allenfalls sehr wenige.

Detailfragen stehen in hervorragender Komplementarität nicht nur zu dem AufgabentypGlobalfragen, sondern ebenso zu dem der Zusammenfassung. Was diese beiden Typen nicht leisten können, leisten die Detailfragen: Die Erfassung des Ausgangstextes hinsichtlich sekundärer inhaltlicher Aspekte, somit hinsichtlich inhaltlicher Nischen, die ohne die Berücksichtigung dieses Aufgabentyps in sprachproduktiver Art und Weise nicht oder kaum erfassbar wären. Detailfragen lassen sich daher in der Regel unproblematisch mit Globalfragen und auch dem Typus Zusammenfassung kombinieren. Da sie nicht die großen Linien eines Textes betreffen, sondern inhaltlich nachgelagerte Gesichtspunkte, stellen Detailfragen denjenigen Aufgabentyp dar, mit denen die oberen Leistungsbereiche der Studierenden hinsichtlich des Leseverstehens geprüft werden können. Die Zusammenfassung und die Globalfragen stellen die Basis des Textverständnisses dar, und somit die unteren Leistungsbereiche. Detailfragen repräsentieren die inhaltlichen Feinheiten des Textes – und testen somit die oberen Bereiche des Leistungsvermögens der Prüflinge.

True-False-Statements sind unter der Bedingung zu empfehlen, dass verlangt wird, bei der Ankreuzung von ´false´ eine inhaltliche Korrektur der Behauptung darzubringen. Wird diese Korrektur vom Prüfer nicht gefordert, sollte besser von diesem Aufgabentyp abgesehen werden. Wird sie jedoch verlangt, stellen True-False-Statements eine vollwertige Alternative zu Multiple-Choice-Aufgaben dar, da sie deren schwerstwiegenden Kritikpunkt – keine Sprachproduktion zu fordern – kompensieren. Kritisch anzumerken ist bei ihnen jedoch auch, dass ein Erraten der gegebenen Antwort nicht vollständig ausgeschlossen ist.

Multiple-Choice-Aufgaben sind aus zwei Gründen abzulehnen:

  • Bei Ihnen ist das Potential zu hoch, die korrekte Antwort lediglich zu erahnen. Da sie selbst bei der Darbietung von vier Antwortalternativen immer noch eine „Trefferquote“ von 25 % ermöglichen - was eindeutig zu hoch ist -, sind sie als Aufgabentyp äußerst problematisch.
  • Bei Multiple-Choice-Aufgaben ist es kaum möglich, Sprachproduktion in irgendeiner Form zu gewährleisten. Sie sind rein passiv und allein aus diesem Grund abzulehnen.

Multiple-Choice-Aufgaben sind daher nicht empfehlenswert, es sei denn, es wird der in Kap. 1 vorgestellte, jedoch im Sprachbereich kaum Anwendung findende Aufgabentypus verwendet, bei dem es möglich ist, mehr als eine Lösung anzukreuzen. Diese Variante derMultiple-Choice-Aufgaben reduziert die Chancen, die korrekte Antwort zu erraten. Zudem nähert sie sich dem Gesichtspunkt der Sprachproduktion – auch wenn kein einziges Wort geschrieben werden muss – dadurch an, dass die Studierenden bei der Ankreuzung von mehr als einer Antwortmöglichkeit vergleichsweise tiefere Reflexionen anstellen müssen, als sie es zu tun haben, wenn nur eine einzige korrekte Antwortalternative zu markieren ist.

Vollkommen als Aufgabentypus abzulehnen ist die Antwortmatrix. Sie ist in ihrer prüfungsdidaktischen Wertigkeit nicht mächtig genug, um in UNIcert®-Prüfungen Eingang finden zu können. Sie kann allenfalls als Übung zum „Durchatmen“ im Rahmen des Unterrichts verwendet werden, aber nicht im Prüfungskontext, nicht im Rahmen von UNIcert®.


4. Abschließende Bemerkungen

Die im vorliegenden Beitrag vorgenommenen Empfehlungen sind maßgeblich von eigener Lehrerfahrung und von eigener Prüfungstätigkeit geprägt. Fremdsprachenvermittler, die anders denken, als es hier zum Ausdruck gebracht worden ist, mögen dies durchaus in begründeter Form tun. Trotz aller „Subjektivität“ der hier gemachten Aussagen wird jedoch an die Leserinnen und Leser des Beitrages appelliert, ihre eigene Lehr- und Prüfungspraxis hinsichtlich der hier behandelten Gesichtspunkte zu überprüfen und mit ihr zu vergleichen. Selbst wenn sie nicht zu den Schlüssen kommen sollten, die hier gezogen worden sind, wird die durch den vorgeschlagenen Vergleich initiierte Reflexion dennoch ein wichtiges Korrektiv der Unterrichts- und Prüfungspraxis der Kolleginnen und Kollegen darstellen.


Literaturverzeichis

Alderson, Charles J. (2000): Assessing reading. Cambridge.

Eggensperger, K.-H. /J. Fischer (eds.) (1998): Handbuch UNIcert®. Bochum

Bausch, K.-R. et al. (eds.) (1995) Handbuch Fremdsprachenunterricht. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage. Tübingen/Basel

Clapham, Caroline (1998): The effect of language proficiency and background knowledge on EAP students’ reading comprehension. In: Kunnan 1998: 141-168.

Clapham, Caroline / David Corson (Hrsg.) (1997): Encyclopedia of language and education. Volume 7: Language testing and assessment. Dordrecht u.a..

Dlaska, A./Ch. Krekeler (2009): Sprachtests. Leistungsbeurteilungen im Fremdsprachenunterricht evaluieren und verbessern. Hohengehren: Schneider.

Groeben, Norbert / Bettina Hurrelmann (Hrsg.) (22006): Lesekompetenz. Bedingungen, Dimensionen, Funktionen. Weinheim / München: Juventa.

Kunnan, Anthony John (Hrsg.) (1998): Validation in language assessment: selected papers from the 17th Language Testing Research Colloquium, Long Beach. Mahwah, New Jersey.

Nübold, P. (eds.) (2001): Fremdsprachen an Hochschulen: Was ist hochschulspezifische Fremdsprachenausbildung? Bochum

Tinnefeld, T. (1998): „Französische Prüfungsaufgaben im UNIcert® – ein vergleichender Überblick.“ In: Eggensperger/Fischer, 243-265

Tinnefeld, T. (2001): „Fachsprachliche Klausuren im UNIcert®-Kontext – unter besonderer Berücksichtigung des Prüfungsteils „Leseverstehen“. In: Nübold, 279-290

Tinnefeld, T. (2002): Prüfungsdidaktik. Zur Fundierung einer neuen wissenschaftlichen Disziplin – am Beispiel der modernen Fremdsprachen. Aachen

Weir, C.J. (1997): The testing of reading in a second language. In: Clapham / Corson 1997: 39-50.



[1] Vgl. hinsichtlich eines detaillierteren Eindrucks bestehender UNIcert®-Klausuren auch Tinnefeld (1998).

[2] Vgl. zu dieser sprachlichen Fertigkeit und Aspekten ihrer Testung komplementär auch Weir (1997),Alderson (2000), Tinnefeld (2001) Groeben / Hurrelmann (2006) und Dlaska / Krekeler (2009: 78ff).

[3] Hingewiesen werden soll an dieser Stelle auf unsere Monographie „Prüfungsdidaktik.“ (Tinnefeld 2002), in der Fragestellungen wie die hier aufgeworfenen in detaillierterer Form behandelt werden.


Für eine institutionell geförderte Erlernung und Perfektionierung mehrerer (abgeprüfter) Fremdsprachen

In dem jüngst von dem Sprachwissenschaftler Professor Dr. Thomas Tinnefeld zusammen mit seinem Kollegen Dr. A. Flavio Albertini (Univerität Florenz) in der renommierten wissenschaftlichen Zeitschrift „Beiträge zur Fremdsprachenforschung“ (Heft 49 (2010), 3-15) veröffentlichten Artikel „Englisch plus X – für eine nachhaltige, institutionalisierte Mehrsprachigkeit in Europa“[1] betonen die Autoren die erhebliche Bedeutung der Vermittlung mindestens zweier Fremdsprachen, also des Englischen und des Französischen oder Spanischen. In einer Zeit, in der die Erlernung selbst asiatischer Sprachen immer mehr ins Blickfeld gerät, kann die alleinige, (relativ) gute Beherrschung des Englischen nicht mehr hinreichend sein. Die zusätzliche Beherrschung einer zweiten Fremdsprache auf hohem Niveau ist vielmehr unerlässlich. Die Fremdsprachenausbildung sollte daher in der Grundschule - noch besser, im Kindergarten - regelhaft beginnen, die gesamte Schulzeit durchziehen und auch auf Hochschulebene nicht enden. So heißt es in dem Artikel beispielsweise:

Die Universität hat gemäß dem von uns vorgestellten Modell die Aufgabe, die von den Studierenden in ihrer Schulzeit erlernten Fremdsprachen zu vertiefen und weiter zu festigen. Neue Fremdsprachen könnten zwar durchaus hinzukommen, jedoch bestünde dafür keine zwingende Notwendigkeit. So sollte jeder Studierende mindestens zwei der von ihm an der Schule erlernten Fremdsprachen im Wahlpflichtbereich eines jeden Studienganges fortzuführen haben. Auf diese Weise könnten die Absolventen aller Fachrichtungen zumindest im Englischen und einer weiteren Fremdsprache mehr oder weniger fließend kommunizieren. (12).

Dies bedeutet für die Hochschulen nicht zuletzt, dass Fremdsprachen in allen Studiengängen – ob Wirtschaftswissenschaften, Naturwissenschaften, den Technischen Wissenschaften oder den Lehramtsstudiengängen, um hier nur einige Beispiele zu nennen – eine prominente Stellung einnehmen sollten. Fremdsprachen sind dabei - als systematisch angelegte Fremdsprachenlehrveranstaltungen - im Pflicht- oder zumindest im Wahlpflichtbereich der Studiengänge anzusiedeln. Dies gilt auch für solche Studiengänge, deren Veranstaltungen gänzlich auf Englisch angeboten werden. Die Ansiedlung der Fremdsprachen im Wahlpflichtbereich sollte dabei so gestaltet sein, dass in den zur Wahl stehenden Fächern nur Sprachen mit Sprachen konkurrieren - und dies auf hohem Niveau - und dass Fremdsprachen andererseits zum – abgeprüften (!) – Fächerkanon gehören : Eine Vorhaltung von Fremdsprachenangeboten lediglich auf der Basis der Freiwilligkeit ist in diesem Kontext mehr oder minder wertlos, da ein solches, freiwilliges Angebot von den Studierenden kaum genützt würde.

Hochschulen, die sich den aktuellen Anforderungen stellen und auf der Höhe der Zeit agieren wollen, sollten diese Vorgaben unbedingt erfüllen. Diejenigen, die von einer solch modernen Hochschulpolitik am meisten profitieren, sind letztlich die Studierenden, denen auf diese Weise die bestmögliche Ausbildung und somit auch bestmögliche Berufschancen zuteil werden – ein Faktum, das die Attraktivität der entsprechenden Hochschulen seinerseits steigert.

Die Redaktion


Prüfungsdidaktik

[Examination Methodology. On the Foundation of a New Scientific Discipline – Exemplified by Modern Languages] Prüfungsdidaktik. Zur Fundierung einer neuen wissenschaftlichen Disziplin – am Beispiel der modernen Fremdsprachen. Aachen: Shaker 2002 (Sprache & Kultur)

In this monography, a new scientific discipline is founded, which is called examination methodology. In every field of professional qualification, examinations are of importance, at school or at university, at chambers of industry and commerce, but the methodology of examinations has not existed as a discipline, yet. Unjustifiedly, as this book proves.
Examination methodology deals with the objectivation and standardisation of examinations and with questions like who examines and who is entitled to work as an examiner. A possible approach of this new discipline consists in defining those features of examinations which can be considered as methodologically successful.

As founding a new scientific discipline cannot be done on a theoretical basis only, it is practically exemplified by modern foreign languages. In this practical approach, problems of giving written examination papers are dealt with as well as the delimitation of different levels of language proficiency and the evaluation of errors in essays, in oral examinations and in testing reading and listening comprehension.

In addition, desirable aspects of further research are identified.
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